Inguschetien (Russland)

Khadishat macht Tschapilgasch

Khadishat Kurskieva, 50, ist auf den ersten Blick eine unscheinbare, ruhige Frau. Sanft. Über ihre Näharbeit gebeugt, lächelt sie mir entschuldigend zu, gleich habe sie Zeit für mich. Khadishat kommt aus Inguschetien, einer russischen Republik im Nordkaukasus. Anders als Russland ist Inguschetien überwiegend muslimisch geprägt, weswegen sie zum Zeitpunkt unsere Interviews auch den Ramadan einhält und selber von ihren Tschapilgasch nicht probiert. Tschapilgasch werden in Inguschetien hauptsächlich zum Frühstück gegessen, aber auch gerne zum Abendessen gereicht. Sie sind sozusagen das täglich Brot...

 

Zutaten: · 500 g Mehl · 400 ml Buttermilch · 1 TL Salz, 1 TL Backpulver · 1 EL Öl

Füllung: · 500 g Kartoffeln · Petersilie · 2 Stangen Frühlingszwiebeln · Paprika, rosenscharf

 

Aus den oberen Zutaten fertigt man einen Teig an, der anschließend gut geknetet wird. Die Kartoffeln werden in Salzwasser gekocht und püriert, die Frühlingszwiebeln und Petersilie geschnitten und unter das Püree gerührt. 1 TL Paprikapulver hinzugeben.

Aus dem Teig werden Bällchen von etwa je 200 g geformt. Sie werden plattgedrückt und mit einem Nudelholz zu einem Durchmesser von ca 10 cm ausgerollt. Dann werden die Kreise mit dem Kartoffelpürree befüllt (Khadishat: je mehr Füllung, desto besser schmeckt es), der Teig wird nun um die Füllung, ähnlich wie bei Ravioli, geschlossen und erneut mit dem Nudelholz, diesmal sehr dünn, ausgerollt. Die Tschapilgasch werden in einer heiße Pfanne ohne Zugabe von Öl von beiden Seiten gebacken.

In Inguschetien begießt man die heißen Tschapilgasch (Khadishat betont, dass sie unbedingt heiß gegessen werden sollten) mit geschmolzener Butter und trinkt dazu Schwarztee. 

 


Das Land der Türme

Inguschetien, ein kleine autonome Republik Russlands im Nordkaukasus, ist nicht gerade das bekannteste Fleckchen Erde. Anfang der neunziger Jahre war das Land im Krieg mit der Nachbarrepublik Tschetschenien - der ist zwar vorbei, aber die Situation im Land blieb unruhig und Khadishat hatte jeden Tag Angst, ob ihre Kinder abends wieder heimkommen.

Hier in Rostock ist das zum Glück anders. 2009 sind sie und ihre Familie mit einem Mehrjahresvisum nach Deutschland gereist. Ihre weitere Zukunft hier ist noch nicht sicher, Khadishat wünscht sich sehr, eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. In Inguschetien arbeitete Khadishat fünf Jahre lang an einer Berufsschule als Lehrerin für Schneiderei, danach entschied sie sich, nochmal zu studieren und wurde Schulpsychologin. Hier in Rostock arbeitet sie seit dessen Gründung im Upcycling Atelier am Platz der Freundschaft, dies tut sie ehrenamtlich. Sie mag das Atelier, so kommt sie mit anderen Menschen in Kontakt, beim Deutschlernen hat ihr das sehr geholfen. Trotzdem wünscht sie sich, bald eine bezahlte Arbeit als Schneiderin oder Näherin zu finden. Fiel es ihr schwer, ihre Heimat zu verlassen? Anfangs nein, aber mit der Zeit kam die Nostalgie, das Heimweh. Inguschetien sei sehr schön erzählt sie, es sei das Land der Türme. Ihr Uropa habe noch in einem dieser Türme gewohnt, die seit dem 14. Jahrhundert zur Abwehr von Feinden errichtet worden waren.

Sie möchte zurück, doch nur, um ihre Verwandten zu besuchen. Sie denkt an ihre Kinder, die haben hier eine bessere Zukunft. Für ihre Kinder möchte sie alles verbessern. Sie sollen hier lernen, studieren und eine gute Arbeit finden.